Hof Groß-Langenbach

die Hundepension mit Herz und Verstand in Friesenhagen

 

Artikel von Nicola Berg, 24.03.2018

 

Ein Hund aus dem Ausland?
 

Auslandstierschutz - das ist ein viel diskutiertes Thema.

Das Leid der Hunde in Ost- und Südeuropa ist oft unbeschreiblich groß. Die Fotos, die in den sozialen Netzwerken kursieren treiben jedem fühlenden Menschen die Tränen in die Augen und rauben den Schlaf. Das Bedürfnis dort helfen zu wollen ist mehr als verständlich.  

Auf der anderen Seite gibt es auch in Deutschland großes Tierleid. Animal hording, extremes Vermenschlichen oder völlige Verwahrlosung nehmen immer mehr zu. Den goldenen Mittelweg scheint es kaum mehr zu geben, alles wird extrem praktiziert.  

Dann steht man immer wieder vor dem Problem, dass für in Deutschland in Not geratene Hunde kein Platz im Tierheim ist, weil alle Zwinger voll sind mit Hunden, die im Ausland gerettet wurden und nun auf Interessenten warten.  

Trotzdem sollte Tierschutz keine Grenzen kennen. Wenn man maßvoll und mit Verstand agiert, kann jedem geholfen werden.  

Meiner Meinung nach müssen mehrere Aspekte beachtet werden.  

Man muss klar abwägen wie viel freie Kapazität man hat. Sich mit Welpen und Junghunden aus dem Ausland voll belegen, weil die wahrscheinlich schnell vermittelt werden können, aber dann den alten, tauben Dackel abweisen müssen, dessen Besitzer verstorben ist, hat mit Tierschutz nichts zu tun.  

Es sollte selbstverständlich sein, dass nur gesunde Hunde einreisen dürfen, die vollständig durchgeimpft und frei von ansteckenden Krankheiten sind. Hier geht es um Sorgfaltspflicht und Seriosität.  

Dann sollte das erwirtschaftete Geld wieder zurück ins Ausland fließen - in vertrauenswürdige Hände, die vor Ort damit Kastrationsaktionen finanzieren, um das Problem langfristig zu lösen und die Zustände in den öffentlichen Sheltern wenigstens auf ein Minimum anheben, damit die Hunde dort nicht elendig verhungern oder erfrieren.  

Das setzt voraus, dass vor Ort zuverlässige Tierschützer arbeiten.

Leider haben sich die Strassenhunde in manchen Ländern zu einem regelrechten Markt entwickelt. Öffentliche Shelter erhalten Geld von der EU für jeden eingefangenen Streuner - nicht für durchgeführte Kastrationen. Je mehr unkastrierte Strassenhunde sich weiter vermehren, desto sicherer ist die Einnahmequelle für die Gemeinde. Ob die eingefangenen Hunde auch nur ein Mindestmaß an Versorgung erfahren interessiert niemanden.

Tierärzte, Futtermittelläden, Hundepensionen, Transporteure und viele andere leben von den Geldern, die reichlich fliessen, um Leid zu mildern. Sinkt das Leid der Tiere droht dieser Geldfluß zu versiegen.

Deshalb muss man sehr genau hinsehen, um die zu finden, denen es um das Tierwohl geht und nicht um finanzielle Vorteile.  

Ich persönlich bin kein großer Freund davon Hunde über das Internet direkt aus einem Shelter in die neue Familie zu geben und das hat mehrere Gründe:  

Es handelt sich überwiegend um ehemalige Strassenhunde, die oft mit brutalsten Methoden von Hundefängern eingefangen wurden und dann jahrelang in winzigen Käfigen ausharren mussten. Diese Hunde haben nie gelernt, dass Menschen freundlich sein können.  

Dann werden diese Hunde gepackt, vom Tierarzt durchgecheckt, geimpft, gechipt, in eine Transportkiste gesteckt und oft mehr als 24 Stunden durch halb Europa gefahren. Wenn diese Hunde am Ziel ankommen, sind sie völlig erledigt, verschreckt und unsicher.  

Aber die neue Familie ist auch aufgeregt. Endlich kommt ihr Schatz an! Sie wollen alles Leid vergessen machen und den Hund mit Liebe überschütten. Das hat er so verdient!

Da kann man 1000x sagen "Geben sie dem Hund Zeit. Sichern sie alles lieber doppelt und dreifach ab" - oft kennt der Überschwang der Menschen einfach kein Halten mehr und damit fangen die Probleme an.  

Viele Hunde haben Angst vor dem Halsband. Es erinnert sie an das Gefühl der brutal eingesetzten Fangstange. Sie versuchen sich zu entwinden und gar nicht so selten schaffen sie es auch. Die Meldungen "Hund entlaufen, sehr scheu, bitte keine Einfangversuche, sondern nur melden" werden immer häufiger. Viele Hunde sind schon auf ihrer Flucht zu Tode gekommen.  

Manche Hunde haben anfangs Angst vor Berührungen und schnappen im ersten Moment. Schnell gelten sie dann, völlig ungerechtfertigt, als bissig und müssen weg.  

Viele sind nicht stubenrein. Wie auch? Sie haben nie zuvor in einem Haus gelebt. Trotzdem werden sie oft schnell wieder abgegeben, um den teuren Teppich zu retten.  

Manchmal reicht es auch schon, dass der Hund nicht so ist, wie man es auf dem Foto zu erkennen glaubte. Zu groß, zu klein, zu hässlich - alles Gründe, die schon zum Abgeben des Hundes geführt haben. Dann soll der Tierschutzverein Hals über Kopf eine andere Unterbringung aus dem Ärmel schütteln.  

Ich finde eine andere Variante besser:  

Der Tierschutz klärt im Vorfeld, wie viel freie Kapazität für Auslandshunde vorhanden ist, ohne dass heimische Tierschutzfälle abgewiesen werden müssten. Diese Zahl ist fix!

Man arbeitet mit 1 oder 2 Tierschutzvereinen im Ausland, die man persönlich kennen gelernt und als seriös empfunden hat, fest zusammen.

Kann einer dieser Punkte nicht erfüllt werden, ist das Thema Auslandstierschutz vorbei und man konzentriert sich auf seine eigenen Stärken im lokalen Bereich.  

Auslandshunde werden mit Foto und Beschreibung in Deutschland vorgestellt und erst wenn sich für einen Hund ein Interessent gefunden hat reist der Hund nach Deutschland - zum Tierschutzverein. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um ein Tierheim oder eine private Pflegestelle handelt. Wichtig ist, dass der Hund in einem fachkundigen, ruhigen Umfeld ankommen kann.

Hier lernt der Hund sich anfassen zu lassen und mit Halsband und Geschirr spazieren zu gehen. Sein Gesundheitszustand wird nochmal gecheckt.

Entzündungen frischer Kastrationswunden, Ohrmilben, o.ä. können leider immer wieder mal vorkommen, denn die tierärztliche Versorgung im Ausland ist leider nicht immer so sorgfältig wie bei uns.  

Erst wenn der Hund etwas zur Ruhe gekommen ist, kommt "seine" Familie zu Besuch. Wie lange dieser Zeitraum dauert entscheidet der Hund. Einige brauchen nur 1-2 Tage, bei anderen dauert es deutlich länger.

Man lernt sich kennen, bekommt ein Gefühl für einander. Familien können ausprobieren, wie der Hund auf die Kinder reagiert.

Erst wenn die Chemie stimmt, wechselt der Hund ins endgültige Zuhause.

Wenn man nicht zusammen passt, bleibt der Hund in der gewohnten Umgebung des Tierschutzvereins, bis sich eine andere Familie gefunden hat.  

Man kann den neuen Besitzern noch ein paar praktische Tipps mit auf den Weg geben und auch später mit Rat und Tat zur Seite stehen, wenn es dann doch mal hakt.  

Erst nach der Vermittlung ist der Platz wieder frei für den nächsten Auslandshund.  

Natürlich ist diese Vorgehensweise keine 100%ige Garantie für ein gutes Gelingen - die wird es niemals geben. Aber die Gefahr, dass aus Unwissenheit, Leichtsinn oder Ignoranz der Menschen ein Hund zu Schaden kommt, wird minimiert.

Außerdem ist das Wagnis "fremder Hund" für die neuen Besitzer kalkulierbarer, wenn der Hund etwas entspannter im neuen Zuhause ankommt und man nicht nachts auf dem Rastplatz ein Bündel Angst in den Arm gelegt bekommt.  

Wenn man mit Ruhe und Vernunft agiert, wird man mit einem traumhaften Hund belohnt - und dann ist es egal, ob der bis zu diesem Zeitpunkt im In- oder Ausland gelebt hat!